Dieter Wellershoff erzählt über Jugend, Altern und Sterben
und ist eben noch nicht am Ende, sondern hat noch ein weiteres Buch für Sie fertiggestellt!

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Obwohl die Naturwissenschaftler davon ausgehen, der Mensch sei für ein Lebensalter um die 120 Jahre konzipiert, staunt man jemand, wie Dieter Wellershoff, an, der im letzten Monat seinen 89. Geburtstag feiern konnte.

Noch mehr erstaunt es, dass seine eben erschienene CD ‘Ans Ende kommen’ von allen Seiten mehr als lobend besprochen wird. Denn sehr oft sind Bücher über das Altwerden alles andere als lesenswert: Nämlich eine totale Entmutigung.Das ist hier ganz anders!

 

Wohl dem Menschen, der Verstand bekommt, und dem Menschen, der Weisheit findet! (Sprüche. 3:13 – Satz leicht umgestellt.) So steht es in der Bibel – auf Dieter Wellershoff trifft es zu.

 

Der Schriftsteller Dieter Wellershoff, 88 Jahre alt, gibt hier im Gespräch mit Klaus Sander bereitwillig Auskunft über sein Leben und das Altern, das er als lebenslangen Prozess begreift. Stundenlang könnte man ihm zuhören, wenn er mit ruhiger warmer Stimme von seiner Jugend und auch von seinem Verhältnis zum Vater berichtet. Schon an diesen frühen Gesprächen sieht man, dass Menschen in ihren Fragen immer ein paar Schritte voraus sind: Wie wird es mit mir sein, wenn … Wenn man jung ist, entdeckt man, wie auch Wellershoff es berichtet, die große Variationsbreite der Möglichkeiten des Erwachsenseins. Auch die unterschiedlichen Formen von Achtung, die Ältere entgegenbringen oder die ihnen entgegengebracht wird. So beispielsweise der Direktor eines großen, eleganten Hotels – man sieht ihn und sein Hotel regelrecht vor sich, wenn Wellershoff erzählt, was er dort als Junge erleben durfte. Eine angesehene Persönlichkeit, ein Freund seines Vaters.

Und dann kommt der Krieg – das einschneidendste Erlebnis Wellershoffs, der – fast noch ein Kind – wie so viele dort regelrecht verheizt wurde. Auch davon hat er auf einer weiteren CD berichtet, die Sie sich, als authentischen Zeit- und Lebensbericht, unbedingt anhören sollten. Sie ist ähnlich gestaltet wie diese, aber doppelt so lang. Jedoch wurde auch das überlebt und Wellershoff ist felsenfest davon überzeugt, dass er überleben sollte. Als Beispiel gilt ihm, dass er bei einem Granatenbeschuss merkwürdigerweise niemals getroffen wurde, obwohl die Granaten in seiner unmittelbarer Nähe einschlugen. 

Nach dem Krieg zuhause entdeckt Wellershoff dort ein erschütterndes Phänomen: Die Generation der abgebrochenen Karrieren, der gebrochenen Männer, die ihre Lebenskarriere in den vergangenen (Nazi)-Jahrzehnten aufgebaut hatten und denen nun jede Achtung versagt wurde.

Auch seine Ehefrau (jetzt 93!) charakterisiert er in wenigen Sätzen: Er war noch Student, hatte (fast) nichts vorzuweisen, und seine Frau, wenige Jahre älter als er, war bereits allgemein anerkannt und angesehen. Später hätte er sie gefragt, erzählt er, warum sie ausgerechnet ihn ‘erhört’ habe: ‘Mit dir wird es wenigstens nicht langweilig’, war ihre Antwort. Wenn man sich jetzt die beeindruckend lange Liste seiner Bücher (Romane wie auch Essays) anschaut, kann man sich auch vorstellen, dass er sich Jahr für Jahr bemüht hat, etwas vorzuweisen.

Auch er kann über den Tod selbst nichts berichten. Wohl aber darüber, dass er sterben möchte wie ein Kerze, die langsam ausbrennt.

Umso wichtiger ist , was er über die Gestaltung dieses letzten Lebensabschnittes sagt: Er genießt es, ein richtiges, seinen Wünschen entsprechendes Zuhause um sich zu haben, vor allem aber die Bücherwände, in denen ihm Zentimeter um Zentimeter alles vertraut und Freund ist. Da sind einerseits die Regale mit seinen eigenen Büchern, die von seiner Lebensleistung zeugen, und das auch dann noch, wenn er nicht mehr so authentisch und wach sein sollte, wie er es derzeitig noch ist. Da sind aber auch die Bücher der anderen Autoren, Dichter und Philosophen, die ihm jederzeit Verbündete, Vorbilder, Kameraden oder Ratgeber sind.  Viele davon auch Meilensteine in seinem randvoll gefüllten Leben.

Allein diese Schilderung der Gestaltung seines eigenen Alterns, machen diese CD ganz besonders hörenswert auch für jene, die sich Gedanken über die Planung für das eigene Älterwerden machen.

Vermutlich geht es aber allen, die dieser CD zugehört haben, als säße der Autor direkt neben einem, wie mir: Man hört sie sich sogleich ein zweites oder drittes Mal an – und jedesmal entdeckt man etwas Neues!

Ein faszinierendes Hörbuch, das zu Diskussionen und eigenen Gedanken anregt.

Ans Ende kommen, Audio-CD
Dieter Wellershoff erzählt über Altern und Sterben. 66 Min.. Gesprochen v. Wellershoff, Dieter .   65g , in deutscher Sprache.
2014   Suppose Verlag  ISBN 978-3-86385-009-8    18.00 EUR

 

… und nun  zum neuen Buch:
Was die Bilder erzählen  – Ein Rundgang durch mein imaginäres Museum-von Dieter Wellershoff
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“Die Lektüre von Wellershoffs Texten ist eine Freude, selten wurden kunsthistorische Texte so treffsicher, sprachlich präzise und literarisch formuliert.“, schreibt art Das Kunstmagazin, am16.04.2014

In gleich mehrfacher Hinsicht ist dieses außerordentlich schön gestaltete  Buch eine Überraschung. Dieter Wellershoff, seit vielen Jahrzehnten als Autor von Romanen, Erzählungen und Essays bekannt, hat mit 87 Jahren einer lebenslangen Faszination folgend ein Buch über Malerei geschrieben.

Um es gleich hier zu sagen: In diesem Buch steckt einerseits enorm viel Arbeit, und andererseits schier unerschöpflich in Jahrzehnten erworbenes Lebenswissen. Ohne das Letztere wären viele der Bildbeschreibungen der 230 Gemälde überhaupt nicht möglich gewesen. Denn es gibt, betrachtet man sie genau, sehr viele Details darauf zu sehen, auf die man meist selbst gar nicht käme – ein Buch voll Überraschungen also.

Darüberhinaus ist die von ihm beschriebene Zeitspanne der Malerei recht großzügig bemessen: 500 Jahre – und aus diesem Zeitraum 230 Gemälde als für sich persönlich wichtig zu finden, das zeugt schon von einer lebenslang andauernden Liebe zur Malerei. Zumal sind gerade auch moderne Maler ein beachtenswerter Schwerpunkt dieses Bandes.

Lebenslange Liebe zur Malerei ist jedoch nur das eine – aber ich möchte Ihre Aufmerksamkeit noch auf etwas anderes lenken: Es steckt nämlich eine gigantische Arbeit darin, 87 Maler für dieses Buch nochmals gründlicher durchzuarbeiten: Ihr Leben nochmals genauer nachzulesen, und dann 230 Gemälde nicht bloß mit den üblichen Lexikon-Texten zu versehen, sondern in jedem Bild auch auf das individuell-Besondere hinzuweisen, das zur Entstehung des Bildes bedeutungsvoll gewesen ist.

Ich könnte mir vorstellen, dass bei einigen Bildern bzw. deren Malern so viel Recherchen nötig wurden, dass Dieter Wellershoff gleich einen ganzen Essay darüber hätte schreiben können. Wer weiß, vielleicht kommt das ja noch?

So ist dieses Buch nicht nur ein Bilderbuch, sondern ein Geschichtenbuch mit vielen interessanten und oft sehr eindrucksvollen Episoden und Erzählungen; ein regelrechtes Lesebuch also.

Es ist empfehlenswert, in diesem Buch einfach gleich vorne mit dem Lesen anzufangen, statt herumzublättern und hier und da einen Absatz zu lesen.  So wandert man auf unterhaltsame und regelrecht spannende Weise von den frühen Bildern bis in die Gegenwart. Auch von den frühen Malern nimmt er oft gerade nicht die sattsam bekannten Gemälde, und je mehr man bis in die neueste Gegenwart kommt, wird es für manchen erst recht intersant, weil man hier mit Malern bekannt gemacht wird, von denen man wenig bis nichts weiß.

Aber es gibt auch allerlei Überraschungen. Das fängt gleich bei Dürer an, da hat Wellershoff neben Rasenstück und Hase einige Bilder eingefügt, bei denen man, wenn sie einem unkommentiert gezeigt würden, auf ein ganz anderes Zeitalter, wenn nicht auf einen modernen Maler tippen würde.

Kenntnisreich und sensibel schlägt er einen weiten Bogen von der Hochrenaissance bis zur aktuellen Kunstszene.  Diese über 230 Gemälde und fast 80 Künstler sind sein sich fortwährend wandelndes Farben- und Formenspektrum. Für ihn  ist die Malerei ein ebenbürtiger, souveräner  Geschwistersinn menschlicher Selbst- und Welterfahrung neben der Literatur. So wie der eine sich mit Buchstaben und Worten Wichtiges festzuhalten und mitzuteilen versucht, benutzt der andere eben Stift, Feder, Pinsel und Farben.

Es ist eine Schule des Wahrnehmens und des Imaginierens, in die Dieter Wellershoff seine Leser einführt. Immerhin umfassen die Gemälde einen Zeitraum von 500 Jahren! In dieser ganz individuell geprägten Sammlung, die Dieter Wellershoff Ihnen vorlegt, erklärt er die Bilder seinen Lesern mit dem Lebenswissen seiner 87 Jahre.  Das gibt diesem Bild- und Textband seinen ganz besonderen Zauber wie auch seine eigene Schönheit. 

Was die Bilder erzählen
von Wellershoff, Dieter;
Kartoniert
Ein Rundgang durch mein imaginäres Museum. 368 S. m. Farbabb. 245 mm 940g , in deutscher Sprache.
2013   Kiepenheuer & Witsch
ISBN 3-462-04555-5
ISBN 978-3-462-04555-0 | 39.99 EUR

Über den Autor:

Dieter Wellershoff, geboren am 3. November 1925 in Neuss, lebt in Köln. Er schrieb Romane, Novellen, Erzählungen, Essays und autobiographische Bücher. Wellershoff hielt poetologische Vorlesungen an in- und ausländischen Universitäten, zuletzt in Frankfurt a.M.. Für seine Bücher erhielt er zahlreiche Preise