Ausgewählt von 30 Literaturkritikerinnen und –kritikern. Sie nennen Ihnen monatlich – in freier Auswahl – vier Buch-Neuerscheinungen, denen sie „möglichst viele Leser und Leserinnen“ wünschen, und geben ihnen Punkte (15, 10, 6, 3). Die Addition ergab für den Juni folgendes Resultat (in Klammern die Position der Mai-Bestenliste):

1. ARTHUR SCHNITZLER: Später Ruhm 68

(-) Novelle. Zsolnay Verlag, 158 Seiten, € 17,90* Punkte

„Später Ruhm“ erzählt von einem, der mit der Schriftstellerlaufbahn längst abgeschlossen hat – bis ihn eine leicht entzündliche Wiener Kaffeehausclique als große Entdeckung feiert. „Reigen“, „Traumnovelle“, „Leutnant Gustl“ – Arthur Schnitzler schrieb einige der bekanntesten Theaterstücke und Erzählungen der klassischen Moderne. Ein Menschenleben nach seinem Tod tritt immer noch Neues zutage.

2. THOMAS PALZER: Nachtwärts 61

(-) Roman. ars vivendi verlag, 320 Seiten, € 18,90** Punkte

Der Vater ist ein reicher Reeder und der ärgste Feind seiner Kinder. Jetzt soll er bluten, wenigstens finanziell – die Geschwister Laurens und Finn inszenieren die eigene Entführung mithilfe eines geheimnisvollen Fremden, der mit ihnen gemeinsame Sache machen will.

3. ULRIKE DRAESNER: Sieben Sprünge vom Rand der Welt 44

(-) Roman. Luchterhand Literaturverlag, 560 Seiten, € 21,99** Punkte

Der Affenforscher glaubt an das Gute im Tier – bis er im Fernsehen ein Gemetzel im Langurenvolk vorgeführt bekommt: „Menschen in Fell!“ gurgelte er. „Jahrhundertelang hatte unsereins Angst vor ihnen, rottete sie fast aus wie den Neandertaler. Und wie richtig: Sie sind so brutal wie wir. Der letzte, entscheidende Unterschied – einfach weg.“

4.-5. CHIMAMANDA NGOZI ADICHIE: Americanah 43

(-) Roman. S. Fischer Verlag, 605 Seiten, € 24,99* Punkte

„Americanah“ nennen Nigerianer diejenigen ihrer Landsleute, die es nach Amerika geschafft haben. Die mit Geld, westlicher Bildung und ostentativ amerikanischem Akzent in die Heimat zurückkehren. … – Adichies neuer Roman ist ein großes Epos über eine Welt, die einerseits immer enger zusammenrückt, deren Grenzen aber andererseits immer schärfer bewacht werden.“ (Ijoma Mangold)

(-)

SOPHIA & NATHANIEL HAWTHORNE:

Das Paradies der kleinen Dinge

Ein gemeinsames Tagebuch

Aus dem amerikanischen Englisch von Alexander Pechmann. Jung und Jung Verlag, 200 Seiten, € 19,90**

Kurz nach der Hochzeit 1842 zogen der amerikanische Schriftsteller Nathaniel Hawthorne und seine Frau Sophia ins entlegene Concord, Massachusets und führten gemeinsam bis zum Tod Nathaniel Hawthornes ein Tagebuch ihrer Ehe. Herausgekommen ist die Chronik

43

Punkte

einer großen Liebe, die an Prüfungen wächst und sich als Vorbild niemand geringeren nimmt als Adam und Eva. „Es ist, im großen Ganzen, eine ideale Welt, welche sich vor dem Auge des Lesers entfaltet“, schreibt Peter Handke im Nachwort.

6.

(-)

WALTER KEMPOWSKI: Plankton

Ein kollektives Gedächtnis

Knaus Verlag, 832 Seiten, € 49,99**

Gute Geschichten müssen nicht lang sein. Hunderte Seiten voller höchstlebendiger Erzähl- Partikel, Plankton eben. Walter Kempowski war obsessiver Sammler deutscher Alltagsäußerungen, seine „Deutsche Chronik“ machte ihn berühmt. In dieser Tradition steht auch die neue Sammlung, zusammengestellt aus dem legendären Tagebucharchiv Kempowskis – eine Art narrativer Ursuppe.

40

Punkte

7. GERTRUD LEUTENEGGER: Panischer Frühling 33

(-) Roman. Suhrkamp Verlag, 221 Seiten, € 19,95** Punkte

„Frühjahr 2010. Auf Island bricht der Vulkan mit dem unaussprechbaren Namen Eyjafjallajökull aus. Kilometerhohe Aschewolken donnern in die Luft, … der Luftverkehr liegt über Tage hin lahm. Kein Flugzeug am Himmel, keines über London. Ebendort hält sich die Icherzählerin auf. … 3-D-Prosa mit atemberaubender Dringlichkeit und Hartnäckigkeit.“ (Ursula März)

8.-10. VOLKER BRAUN: Werktage 2 30

(6.-9.) Arbeitsbuch 1990-2008

Suhrkamp Verlag, 998 Seiten, € 39,95**

Punkte

Aufzeichnungen aus den Jahren des Umbruchs, vom ersten Silvester nach der

Wende bis zur Finanzkrise 2008. „die roten rohen metropolen wanken. am himmel ströme von zerbrochnen flügeln und ausgerissnen drähten. ALLES WAR.“

8.-10. TOMAS ESPEDAL: Wider die Natur 30

(-) Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel.

Matthes & Seitz Berlin, 180 Seiten, € 19,90**

Punkte

Er ist um die 50, sie um die 20. Ihre Liebe hat keine Chance – aber Espedal nutzt sie zu einem unbestechlichen Bericht aus dem Gefühlskosmos des Mannes. „Espedals Prosa ist voller Schwarzer Löcher, in denen sich die Energie des Ungeschriebenen aufstaut. Sein Liebesbuch ist ein Meisterwerk des literarischen Understatements. Alle, die neuerdings wieder nach einem neuen, unverbrauchten Realismus dürsten wie nach klarem Wasser in der Wüste, werden dieses Buch lieben.“ (Iris Radisch)

8.-10. MARIE NDIAYE: Ladivine 30

(-) Roman. Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer.

Suhrkamp Verlag, 444 Seiten, € 22,95**

Punkte

Malinka denkt gar nicht darüber nach – die hellhäutige Frau ignoriert ihre farbige Herkunft, nennt sich Clarisse, lebt als Weiße. Doch ihre Mutter muss sie jetzt verleugnen. Die Geschichte einer Frau, die Herkunft und Geschlecht nicht mehr als Grenzen ihrer Biographie akzeptiert. Marie Ndiaye bekam 2009 den Prix Goncourt für ihren Roman „Drei starke Frauen“

 

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