Die SWR-Bestenliste März 2015. In dieser TopTen-Liste teilen sich diesmal gleich drei Bücher den Platz 10.

1
IAN McEWAN: Kindeswohl Roman. Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Diogenes Verlag, 224 Seiten, € 21,90 Die Richterin Fiona Maye. Ihre Ehe ist am Boden. Und dann kommt der Fall dieses jungen Zeugen Jehovas: Darf er mit 17 über sein Leben entscheiden und eine Bluttransfusion einfach ablehnen? Darf sie über sein Leben entscheiden und die Transfusion erzwingen? Es geht ums Überleben oder um die Würde der freien Entscheidung.
67 Punkte
2
STEFANO D’ARRIGO: Horcynus Orca Roman. Aus dem Italienischen von Moshe Kahn. S. Fischer Verlag, 1.471 Seiten, € 58,00 Als das Buch vor 40 Jahren in Italien erschien, stand es für elf Jahre auf der Bestsellerliste. Es wurde ehrfürchtig beraunt als Antwort Italiens auf den „Ulysses“ genauso wie auf Melvilles „Moby Dick“. Lange galt es als unübersetzbar. Fünf Tage einer Reise von Neapel nach Sizilien im Oktober 1943, am Ende des Zweiten Weltkriegs. „Es wäre nicht richtig, oder besser gesagt: Es wäre falsch, fahrlässig, kleinmütig, schwerhörig, blindäugig und unangemessen, über dieses Buch ohne eine gehörige Prise Pathos sprechen zu wollen: Was für ein Werk, was für eine Entdeckung!“ (Hubert Spiegel)
55 Punkte

3
NORBERT SCHEUER: Die Sprache der Vögel Roman. C.H. Beck Verlag, 238 Seiten, € 19,90 Ein Soldat aus der Eifel, stationiert in Afghanistan. Einer seiner Vorfahren war als Vogelkundler hier – er tritt in seine Spuren. „Ich glaube nicht, dass Vögel allein zum Zweck der Fortpflanzung singen. Irgendetwas existiert im Leben, das mehr ist als wir selbst und für das es keine Sprache gibt. Vielleicht liegt darin der Grund, dass Vögel singen.“
51 Punkte
4
URSULA ACKRILL: Zeiden, im Januar Roman. Verlag Klaus Wagenbach, 256 Seiten, € 19,90 Leontine Philippi schweigt. Aber sie schreibt die Stadtchronik von Zeiden, mitten im Kriegswinter 1941, als der Krieg näher kommt und die Rumäniendeutschen auf einmal von den Deutschen wirklich gewollt sind – als Soldaten nämlich. Ursula Ackrill wurde in Siebenbürgen geboren, studierte Germanistik und Theologie in Bukarest und lebt heute als Bibliothekarin und Schriftstellerin in Nottingham.
48 Punkte
5
ARNO GEIGER: Selbstporträt mit Flusspferd Roman. Hanser Verlag, 288 Seiten, € 19,90 „Arno Geiger hat einen unterhaltsamen, auch leicht lesbaren (Anti-)Bildungsroman verfasst, der gleichzeitig so genau und aktuell wie kaum ein anderer in diesem Frühjahr den Zeitnerv trifft. Denn die Gemütslage des 22-jährigen Julian, sein Zukunftsnebel, sein Dazwischenhängen, seine ruhelose Lethargie enthalten eine Wahrheit, an deren allgemeiner Gültigkeit der Leser nicht vorbeikommt.“ (Ursula März)
45 Punkte
6
MICHAEL WILDENHAIN: Das Lächeln der Alligatoren Roman. Klett-Cotta Verlag, 242 Seiten, € 19,95 Erst ist es das „Lachen der Alligatoren“. Dann das „Bellen der Alligatoren“. Michael Wildenhain erzählt von Marta und Matthias, von einer Liebe in Zeiten der RAF: „Wenn sie mich entdeckt, bin ich verloren“.
37 Punkte
7
MILAN KUNDERA: Das Fest der Bedeutungslosigkeit Roman. Aus dem Französischen von Uli Aumüller. Hanser Verlag, 144 Seiten, € 16,90 „Alle sind sie auf der Suche nach der guten Laune“. Nach vielen Jahren ein neues Buch des 85-jährigen Autors von „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“. Früher war das Überleben in den totalitären Regimen des Ostblocks sein Thema – jetzt beginnt Kundera mit einer Nabelschau und feiert in seinem Alterswerk die Bedeutungslosigkeit als Schlüssel zur Weisheit und – eben – guter Laune.
37 Punkte
8
MICHEL HOUELLEBECQ: Unterwerfung Roman. Aus dem Französischen von Norma Cassau und Bernd Wilczek. DuMont Buchverlag, 272 Seiten, € 22,99 Paris als islamische Republik – ein gewagtes Denkspiel. Aber doch nur ein Buch. Dachte man. Es ist nach den Anschlägen von Paris plötzlich viel mehr daraus geworden. Und Michel Houellebecq, der Autor der philosophischen Groteske in grotesken Zeiten, bringt es mit seinem Roman auf die Titelseiten und in die Fernsehnachrichten.
34 Punkte
9
TEJU COLE: Jeder Tag gehört dem Dieb Roman. Aus dem Englischen von Christine Richter-Nilsson. Hanser Berlin Verlag, 176 Seiten, € 18,90 Das nigerianische Lagos: Korrupt, gewalttätig und sehr lebendig, eine Megacity auf einem Kontinent, der lange als schlafender Riese wahrgenommen wurde. Teju Cole, Amerikaner nigerianischer Abstammung, schrieb über seinen Aufenthalt dort einen Blog – In Nigeria erschienen die Texte erstmals 2007 als Buch, noch vor seinem großen Romanerfolg „Open City“. „Flüchtig wie ein Bild, das mit weit offener Blende aufgenommen wurde“.
30 Punkte
10 – 12
DANILO KIŠ: Familienzirkus Die großen Romane und Erzählungen
Übersetzt von Ivan Ivanji, Anton Hamm, Katharina Wolf-Grießhaber. und Ilma Rakusa.
Carl Hanser Verlag, 912 Seiten, € 34,90 Eine seltsame Sprache, eine seltsame Zeit. Vor 25 Jahren starb der jugoslawische Dichter Danilo Kiš. Bildreich und sinnlich führt er ein in die Welt des untergegangenen Jugoslawien. „Hast du Max Ahasverus gesehen?“ platzte er heraus, so wie eine reife Pflaume in den Schlamm fällt. „Ja, Eduard, ja. Ich habe ihn gesehen. Er bot mir Schwanenflaum an. Madame, reiner Schwanenflaum gefällig?“
25 Punkte

10 – 12
ÉDOUARD LOUIS: Das Ende von Eddy Roman. Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel. S. Fischer Verlag, 206 Seiten, € 18,99 „Schau mal, das ist Bellegueule, der Schwuli.“ Der Autor, vom Protagonisten kaum zu trennen, hat darauf bestanden, dass sein Lebensbericht als „Roman“ bezeichnet wird – wenn es doch nur einer wäre! So aber ist es die authentische Chronik einer unerträglichen
25 Punkte
10 – 12
LYDIA TSCHUKOWSKAJA: Untertauchen Roman. Aus dem Russischen von Swetlana Geier. Dörlemann Verlag, 256 Seiten, € 18,90 Ein Klassiker der oppositionellen russischen Samisdat-Literatur. Die Autorin gehörte zum Umfeld der Dichterin Anna Achmatowa und setzte sich später unter anderem für Alexander Solschenizyn ein. Ihr Mann verschwand 1937 im stalinistischen Terror: „Ich lebe. Das ist es. Ich lebe, ich lebe immer noch, obwohl man ihn mit Knüppeln ins Wasser getrieben hat. Er kam für einen Augenblick, um mir das vorzuwerfen.“
25 Punkte

Quelle: http://www.SWR.de/bestenliste