Die zehn besten Kriminalromane im September 2016 aus Zeit Online

1 (10) Donald Ray Pollock: Die himmlische Tafel
Aus dem Englischen von Peter Torberg Liebeskind, 432 S., 22,– €.

Georgia, Ohio 1917. Cane, Cob und Chimney Jewett haben genug von Mehl-Wasser-Klumpen und Schwerstarbeit. Als Outlaws gejagt, landen sie auf der Flucht nach Kanada in Ross County. Armut, Gewalt, Fanatismus und Heuchelei – Vierklang des weißen Amerikas. Rauer Realismus, mit winzigem Lichtstreif. Great.

2 (-) Giancarlo de Cataldo/Carlo Bonini: Die Nacht von Rom
Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl Folio, 320 S., 24,– €.

Rom. Papst Franziskus hat ein Heiliges Jahr ausgerufen. Kleriker, Immobilienhaie, Politiker, Bauunternehmer krabbeln wie Küchenschaben: Profit, Macht, Schwindel sind zu haben. Im Background der Kampf zweier Mafiosi um eine Frau und um Rom. Mafia capitale, zweiter Akt, famos illuminiert von zwei Insidern.

3 (3) James Grady: Die letzten Tage des Condor
Aus dem Englischen von Zoë Beck Suhrkamp, 368 S., 14,99 €.

Washington, D. C. Vor vierzig Jahren ein Bestseller: Die sechs Tage des Condor . Jetzt ist Condor alt. Ein Agent hängt gekreuzigt am Kamin. Wieder Flucht, wieder im Irrwitz-Paranoia-Dschungel der US-Geheimdienste. „Ich bin zu alt für diesen Scheiß.“ – „Dem Scheiß ist es egal, wie alt du bist.“ Verkehrte Welt, große Literatur.

4 (7) Patrícia Melo: Trügerisches Licht
Aus dem Portugiesischen von Barbara Mesquita Tropen, 320 S., 14,95 €.

São Paulo. TV-Star Fábbio Cássio spielt im echten Theater. Hauptrolle in einem Suizid-Drama. Und schießt sich auf der Bühne tot. Unfall, Selbstmord, Mord? Kriminalistin Azucena im Polit- und Verdächtigtenstrudel der Ermittlungen. Wer war’s? Sein und Schein – Hauptsache, Geld. „Brasiliens Nationalformel: +1 –1 = 0.“

5 (1) Max Annas: Die Mauer
Rowohlt, 224 S., 12,– €.

East London, Südafrika. Als sein Auto streikt, sucht Student Moses Hilfe in einer weißen Gated Community. Wachleute pöbeln, er haut ab. Doch wie rauskommen aus dem Mittelstandsghetto? Private Security, Polizei, ein Diebespaar: ein Hexenkessel aus Verfolgungswahn und Rassenhass. Groteske hoch zehn, Action auf den Punkt.

6 (-) Friedrich Ani: Nackter Mann, der brennt
Suhrkamp, 223 S., 20,– €.

„Heiligsheim“. Das Opfer ist unerkannt zurück im Dorf. Ludwig Dragomir war einer der Jungen, die in den Wald hinterm Koglfeld mitgenommen wurden. Jetzt stellt er die Herren von damals mit seiner Scham. Ein Icherzähler mit zerstörtem Ich, sein Ziel: Vernichtung. Gratwanderung im Seelenland der Missbrauchsopfer.

7 (-) Eoin McNamee: Blau ist die Nacht
Aus dem Englischen von Gregor Runge dtv, 272 S., 16,90 €.

Nordirland 1949–1963. Drei ungesühnte Morde – verknüpft mit einem Mann: Richter Lancelot Curran. Reale Fälle aus dunkler Zeit. Im grandiosen letzten Band seiner „Blue-Trilogie“ verzwirbelt McNamee die Stränge noch einmal neu. Wahnsinn, Heuchelei, Machtkämpfe. Drei Frauen tot – unaufgeklärt.

8 (6) Jesper Stein: Bedrängnis
Aus dem Dänischen von Patrick Zöller KiWi, 384 S., 12,99 €.

Kopenhagen. Axel Steen, bester Mordermittler in town, auf dem Weg nach unten. Braucht Koks, Frauen, Liebe. Ein prima Opfer für Drogenboss Moussa, der ihn als Spitzel einsetzt und als Waffe im Bandenkrieg. Die Einsamkeit des Bullen, der nicht aufgeben kann: umstellt, verlassen, manipuliert von den eigenen Leuten.

9 (-) Iain Levison: Gedankenjäger
Aus dem Englischen von Walter Goidinger Deuticke, 304 S., 19,– €

USA. Eines Tages kann Streifenpolizist Snowe Gedanken lesen. Seine Erklärungssuche im Netz lockt den Geheimdienst an. Auch Polizistenmörder Denny ist „online“ . Gedankenlesen verbindet. Und hilft, Lügen zu durchschauen. Aber nicht alle mögen das. Rasantes Gedankenspiel, ganz hart neben der Realität.

10 (2) Denise Mina: Die tote Stunde
Aus dem Englischen von Heike Schlatterer Heyne, 448 S., 9,99 € .

Glasgow. Paddy Meehan ist jung, pummelig, arm, aber nicht doof. Reporterin in der Nachtschicht, Lokales. Eleganter Mann prügelt junge Frau. Polizei guckt weg, kommt vor. Paddy soll, aber hält nicht die Klappe, pult in den Gedärmen der Stadt. Journalistin mit Angst und noch mehr Mut. Verzwickt, schlicht großartig.