Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren Köpfen passiert

Eine spannende Expedition vom Alphabet im Affengehirn bis zur Entstehung des Denkens in unseren Köpfen. Vor allem lernt man zu begreifen, wie eminent wichtig rechtzeitiger und richtiger Spracherwerb und das Lesen-Lernen und das ständige Lesen sind. Aber Vorsicht: Bislang ist nur das Lesen von Gedrucktem; Was in den Gehirnen von Menschen wird, die von Kleinauf am Bildschirm hängen und deren Unterhaltung und Wissenserwerb nur auf diesem Wege erfolgt, das weiß noch niemand. Es muss erforscht werden!

Dieses Buch beantwortet alle Fragen:

Warum liest der Mensch?

Warum verstehen wir die Buchstaben?

Warum gibt es Legasthenie? Wo liegen die Grenzen des Schnell-Lesens?

Wie verändern digitale Technologien unser Denken? Schwarze Zeichen auf weißem Papier. Möglicherweise unterschiedlich in ihrer Größe, Form, Anordnung. Dennoch wird in Sekundenbruchteilen ein ganzes Universum von Bedeutungen erschaffen.


Der renommierte französische Kognitionswissenschaftler Stanislas Dehaene unternimmt einen aufregenden Streifzug durch die Landschaft in unseren Köpfen. Er beschreibt, was zwischen Kindergarten und zweiter Klasse im Gehirn passiert und wie dieser unendlich komplizierte Vorgang so automatisiert wird, dass selbst Fehler keine Rolle mehr spielen.

WARUM verstehen Sie trotzdem , was ich meine, wenn ich sehr fehlerhaft tippe: WaRuM knnen wr slbst disn sAtZ vrstehn?

Das uns vieles andere, das uns zeigt, wie elastisch unser Gehirn auch fehlerhafte Texte zu verarbeiten vermag, wird uns in diesem Buch erklärt. Beispielsweise auch, mit welchem Komplikationen Legastheniker zu kämpfen haben, denen Lesen und Schreiben deutlich mehr Schwierigkeiten bereit, obwohl sie deswegen alles andere als dumm oder doof sind.

In diesem Buch werden Kulturwissenschaft und Hirnforschung zu einer eleganten und spannenden Erzählung, urteilt Oliver Sacks.

Wie geht Lesen? Wie funktioniert die Verbindung von Auge und Geist, die gedruckte Zeichen in Töne, Musik und Bedeutung verwandelt und Gedanken begründet? Und warum hat unser Primatengehirn vor 35000 Jahren nach millionenjähriger Evolution ‚plötzlich‘ das Lesen erfunden?

Nun ja, ganz so plötzlich war das nicht – es dauerte Jahrmillionen, bis die Anfänge dessen sich entwickelten, was heute unser Gehirn ist. Aber es ist ein Fehler zu denken, dass unser Gehirn uns sozusagen bei der Geburt vollständig gebrauchsfähig eingebaut ist. Je nach Tierart, braucht es eine unterschiedlich lange Zeit, bis das individuelle Gehirn  so organisiert ist – beim Menschen 8 Jahre (bis unendlich) – dass ein jeder das Optimale aus seinem Gehirn machen kann. Werden aber in einem Gehirn im frühen Alter nicht unerlässliche Grundstrukturen angelegt, ist das Folgende dann eine Katastrophe

Das setzt aber voraus, dass das frisch geborene Menschenkind von Anfang an gezielt gefördert wird; es gibt sogenannte Zeitfenster: also Abschnitte, in denen etwas geschehen MUSS, damit etwas geschieht. Verpasste Zeitfenster können fatale Folgen haben. Man kann es nicht oft genug sagen.

Auch Makaken (und andere Affen) können gewisse Kenntnisse von Formerkennen entwickeln. ABER: Beim Menschen ist die Oberfläche des Gehirnteils des Frontallappen 20-40 Mal größer als beim Makaken. Das Lesen hat eindeutig etwas mit dem Aufbau und der Größe des menschlichen Gehirns zu tun. Aber auch das muss sich, selbst wenn der Mensch das bei Geburt sozusagen kostenlos mitbekommt, sich in jahrzehntelanger, schrittweiser Reifung erst vollständig entwickeln.

Hier erfahren Sie nun, WIE das geschieht und was dabei alles BENÖTIGT wird.

Das aber ist es, was dieses Buch – bei aller (weil gutgeschriebener) Wissenschaftlichkeit so wichtig macht. Man lernt zu verstehen, dass das ‚Training‘ des Gehirns nicht nur nützlich, sondern auch notwendig ist.

Aber es ist ja vordergründig ein Buch über alles, was mit Lesen zu tun hat. Und deswegen geht es nahezu jeden an, denn mit Lesen, Schreiben, Sprechen steht und fällt ja alles, was wir über uns, unsere Bedingungen und den Ausdruck unserer Wünsche und Bedürfnisse fragen, aussagen und mitteilen und von anderen verstehen können.


Wenn immer mal wieder herauskommt,  welche überraschenden Fähigkeiten man bei diesem oder jenem Tier entdeckt hat und meint, so weit auseinander seien wir ja eben gar nicht – mahnt uns dieses Buch, die nahezu grenzenlosen Möglichkeiten, die uns mit dem Lesen, Schreiben, Sprechen – jedenfalls der Möglichkeit, das zu tun – gegeben sind, viel wachsamer, behutsamer und sorgsamer umzugehen.

Wenn auch Menschenleben immer länger werden – der Grundstein für alles, was aus einem Menschen so werden kann, was ihn glücklich, erfolgreich und zufrieden machen kann, muss sehr früh gelegt werden.

Die Millionen Analphabeten in unserem Land müssten uns entsetzen – ich halte sie für eines der größten Verbrechen der Menschheit – obwohl niemand dafür bestraft wird, weil gesetzlich keiner für diesen skandalösen Missstand  zur Rechenschaft gezogen wird. Weil eben niemand als Verursacher dieses Massenphänomens ausgemacht werden kann. Dafür fehlen eben konkrete, gesetzlich verankerte  Richtlinien und Gesetze. Für all jene, die Verantwortung fühlen oder tragen, sollte dies Buch zur Pflichtlektüre werden.

Ich wünsche diesem Buch viele nachdenkliche Leser und von diesen, dass sie es weiterempfehlen.

Ingeborg Gollwitzer

Stanislas Dehaene, geb. 1965, Mathematiker und Psychologe, ist einer der weltweit führenden Kognitionswissenschaftler. 2005 wurde er zum Mitglied der Académie des Sciences gewählt und Professor am Collège de France, wo ein neuer Lehrstuhl für Experimentelle Wahrnehmungspsychologie eingerichtet wurde. Dort erforscht Dehaene die Grundlagen des Lesens, Schreibens und Rechnens.