So regiert die KanzlerinEine Reportage

Eigentlich, dachte ich beim Lesen, wäre es schön und überaus sinnvoll, gäbe es über mehr Politiker ein derartiges Buch. Auch wenn es, wie dieses, aus Bewunderung geschrieben wurde.

Angela Merkel gilt als mächtigste Frau der Welt – und als eine, die nur ungern etwas von sich preisgibt. Die Autorin kennt die Kanzlerin seit vielen Jahren, und sie ermöglichst uns einen Blick hinter die Fassaden des Kanzleramtes.

Man kann es auch so sehen: Was kaum jemand weiß, ist ja, dass man sich überhaupt nicht vorstellen kann, wie das mit dem Regieren eigentlich „geht“.

Irgendwer (vermutlich aus der Opposition) hat Angela Merkel vorgeworfen, sie flaniere überwiegend auf den roten Teppichen des Auslands.

Dieses Buch beginnt mit dem 10. Oktober 2008, als Angela Merkel mit dem Hubschrauber ins Kanzleramt zurück muss: Schon am Vortag hatte sie ihre engsten Mitarbeiter gebeten, einen Ablaufplan für die größte Staatsintervention zu erstellen, die Deutschland je gesehen hat. Zwei Wochen zuvor war mit dem Beinahe-Kollaps der Hypo-Real-Estate klar geworden, dass die Finanzkrise Deutschland voll erfasst hat.

Während man lesend nun nochmals nachvollziehen kann, was in diesen Tagen und Wochen alles geschehen musste, um, nicht nur Deutschland, sondern darüber hinaus die ganze Welt vor dem größten Finanzdebakel aller Zeiten zu bewahren, erfährt man auch, wer in der Regierung wem zuarbeitete und wie man – innerhalb weniger Tage – den Wettlauf mit der Zeit innerhalb weniger Tage (wenigstens vorläufig) gewann.

Wie sie das alles managed, erklärt Angela Merkl in einem Interview so:“ Die Anfangszeit als Politikerin war die schwierigste, viel schwieriger als der Anfangszeit als Bundeskanzlerin. Damals, 1990 wusste ich garnichts. Weder wie man ein Gesetz macht, noch wie ein Ministerium funktioniert, oder wie die Verwaltungsabläufe sind. Da musste ich mir alles erarbeiten. Das Risiko zu scheitern war sehr hoch. (…)“

Aber auch darüber, wie viel Ähnlichkeit ihre heutige Problemlösungsweise mit ihrer früheren, wissenschaftlichen Arbeit zu tun hat, in der ihr Denken geschult wurde, können wir hier nachempfinden; aber auch ihre erklärte Lust zu reisen: „Ich mache Außenpolitik, weil davon ganz wesentlich auch Deutschlands Schicksal abhängt.“ Denn die Zeit, wo ein Staat große Probleme im Alleingang zu lösen vermag, sind längst vorbei. Das Wort, Globalisierung, das man so oft hört, bekommt eine schwerere Bedeutung, wenn man in diesem Buch nachlesen kann, was das für die Politik und somit für uns alle bedeutet.

Die „Schlacht“, wie innerhalb weniger Tage der „Bankenschirm“ aufgespannt wird, liest sich wie ein Krimi. Die Nerven, nicht nur im Bundeskanzleramt sondern in der ganzen Welt, sind zum Zerreißen gespannt. Das alles mit obendrein einem Minimum an Schlaf durchzustehen , und trotzdem niemals die Folgen und Probleme für das Weltganze außer Sichtweise zu verlieren … ob man es später einmal als richtig oder falsch beurteilen wird, können wir heute nicht wissen. Aber Angela Merkel ist wohl die erste Kanzlerin, bei der mehr als deutlich wird, dass es Alleinlösungen eines Staates wohl nie wieder geben wird.

Das alles macht dieses kleine Buch klar, in dem die Entscheidungen dieser Regierung nachvollzogen werden. Vielleicht sieht man Politik anders nach diesem Blick hinter die Mauern des Kanzleramtes.