Literaturkritikerinnen und -kritiker nennen monatlich – in freier Auswahl – vier Buch-Neuerscheinungen, denen sie „möglichst viele Leser und Leserinnen“ wünschen, und geben ihnen Punkte (15, 10, 6, 3). Die Addition ergab für den Juli/August folgendes Resultat (in Klammern die Position der (Juni-Bestenliste):

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1. CHRISTOPH PETERS: Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln 78

(-) Roman. Luchterhand Literaturverlag, 224 Seiten, € 18,99* Punkte

Als ein japanischer Brennofenbauer in der niedersächsischen Heide eintrifft, werden die Benimmregeln aller Beteiligten auf die Probe gestellt. Bis Herr Yamashiro beherzt in ein Mettbrötchen beißt und seine Vorliebe für Kräuterschnaps entdeckt. Selbstgebrannt kann gut sein. Das gilt für Schnaps und für japanische Keramik.

2. JOHN ALEC BAKER: Der Wanderfalke 68

(-) Aus dem Englischen von Andreas Jandl und Frank Sievers.

Matthes & Seitz Berlin, 218 Seiten, € 30,00 **

Punkte

Anfang der 60er beobachtete Baker im ostenglischen Essex einen Winter lang Wanderfalken und verglich sie mit seiner eigenen Gattung: „Wir sind die Mörder. Wir stinken nach Tod. Wir tragen ihn in uns. Er haftet an uns wie Reif. Wir kriegen ihn nicht vom Leib.“ J.A. Baker wollte zum Wanderfalken werden.

3.-4. HERMAN BANG: Ludvigshöhe 51

(-) Roman. Aus dem Dänischen von Ingeborg und Aldo Keel.

Manesse Verlag, 448 Seiten, € 22,95**

Punkte

Thomas Mann sah in ihm einen Verwandten – und das lag nicht alleine an Bangs gelebter Homosexualität. Mit „Ludvigshöhe“ liegt der zu seiner Zeit bekannteste Roman des literarischen Impressionisten Hermann Bang neu übersetzt vor – ein Sittengemälde des Fin de Siècle, ein Gesellschaftsroman, eine sehr traurige Liebesgeschichte.

MARIE NDIAYE: Ladivine 51

(8.-10.) Roman. Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer.

Suhrkamp Verlag, 444 Seiten, € 22,95**

Punkte

Malinka denkt gar nicht darüber nach – die hellhäutige Frau ignoriert ihre farbige Herkunft, nennt sich Clarisse, lebt als Weiße. Doch ihre Mutter muss sie jetzt verleugnen. Die Geschichte einer Frau, die Herkunft und Geschlecht nicht mehr als Grenzen ihrer Biographie akzeptiert. Marie NDiaye bekam 2009 den Prix Goncourt für ihren Roman „Drei starke Frauen“.

5. GERTRUD LEUTENEGGER: Panischer Frühling 49

(7.) Roman. Suhrkamp Verlag, 221 Seiten, € 19,95** Punkte

„Frühjahr 2010. Auf Island bricht der Vulkan mit dem unaussprechbaren Namen Eyjafjallajökull aus. Kilometerhohe Aschewolken donnern in die Luft, … der Luftverkehr liegt über Tage hin lahm. Kein Flugzeug am Himmel, keines über London. Ebendort hält sich die Icherzählerin auf. … 3-D-Prosa mit atemberaubender Dringlichkeit und Hartnäckigkeit.“ (Ursula März)

6. HENRY JAMES: Washington Square 40

(-) Roman. Aus dem Englischen von Bettina Blumenberg. Punkte

Manesse Verlag, 288 Seiten, € 24,95**

Eine Familienaufstellung mit wechselnden Paarbildungen: Catherine, die unscheinbare, dann aufblühende Tochter, Dr. Sloper, ihr Vater, der sich per Definitionem nicht irren kann, und Morris Townsend, liebender Heiratsschwindler oder Erbschleicher? Ein Tanz ins Unglück. Henry James ist der Meister der Vieldeutigkeiten, sein großer Roman 1881 erschienen.

7. GEORGE SAUNDERS: Zehnter Dezember 38

(-) Stories. Aus dem amerikanischen Englisch von Frank Heibert.

Luchterhand Literaturverlag, 272 Seiten, € 19,99*

Punkte

„Diese Erzählungen sind so gut, dass vor ihnen gewarnt werden muss: Sie tun weh, sie verursachen Ängste, hinterlassen Verwirrung und erzeugen Beklemmung. Wir sind bei einem Krebskranken in seinen letzten Tagen, wir ertrinken beinahe mit einem Jungen, der im Eis einbricht, wir leben im Kopf eines hassbebenden Kriegsveteranen. Meist befinden wir uns in Gesellschaft von Leuten mit wenig Geld, von Gedemütigten, Wohnungslosen, Gefängnisinsassen. Manche dieser Geschichten möchte man sich vom Leib halten, so nah kommen sie einem.“ (Andreas Isenschmid, DIE ZEIT)

8. VOLKER BRAUN: Werktage 2 31

(6.-9) Arbeitsbuch 1990-2008

Suhrkamp Verlag, 998 Seiten, € 39,95**

Punkte

Aufzeichnungen aus den Jahren des Umbruchs, vom ersten Silvester nach der Wende bis zur Finanzkrise 2008. „die roten rohen metropolen wanken. am himmel ströme von zerbrochnen flügeln und ausgerissnen drähten. ALLES WAR.

9. PAUL AUSTER / J.M. COETZEE: Von hier nach da

Briefe 2008-2011

(-) Aus dem Englischen von Reinhild Böhnke und Werner Schmitz.

S. Fischer Verlag, 286 Seiten, € 14,99 ***

„Männer haben Geheimnisse, auch vor ihren besten Freunden“, schreibt Paul Auster direkt am Anfang – aber ihm fällt trotzdem genug ein, was er schreiben kann. Der südafrikanische Nobelpreisträger John Maxwell Coetzee und der New Yorker Kultautor Paul Auster wechseln drei intensive Jahre lang Briefe über Männerfreundschaft, Krankheit, Sportbegeisterung und ihre starken Frauen. Die kurze Geschichte einer großen Freundschaft: 25 Punkte

10. BLAISE CENDRARS: Moravagine 24

(-) Monsterroman

Aus dem Französischen von L. Radermacher (1928), kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Stefan Zweifel.

Die Andere Bibliothek, 429 Seiten, € 38,00**Punkte

„Blaise Cendrars (1887 – 1961) war nicht nur Schriftsteller, sondern Abenteurer. Mit 16 riss er von zu Hause aus und schlug sich durch die Welt: Russland, Amerika, China und Brasilien. Doch die Welt war ihm nicht genug. Und so erfand er sie in seinen Werken neu. (…) Das Buch sorgte für eine Sensation. Henry Miller brüstete sich, dass er mit diesem Buch und einem Wörterbuch in der Hand Französisch lernte.“ (Aus dem Nachwort von Stefan Zweifel)