Unversehrt sterbenKonflikfall Organspende  und Hirntod – Der Kampf einer Mutter

Dieses Buch wird so ziemlich allen, die für Organspende und den Organspenderausweis werben, ein Schlag ins Gesicht sein. Doch bestätigt es einiges, was auch ich anläßlich des permanenten Mangels an Spenderorganen  hin und wider überlegt habe.

Natürlich würde ich auch mir oder einem anderen Mitglied meiner Familie, wie überhaupt allen Menschen, wünschen, dass für sie, wenn sie in diese Notlage kommen, ein Spenderorgan gefunden werden kann.

Andererseits wird immer mal wieder aufgedeckt ein krimineller Handel mit Spenderorganen, die obendrein aus fragwürdigen Quellen stammen; aber davon ist hier nicht die Rede. Hier wird etwas sehr Bewegendes von einer Mutter geschildert, das nachdenklich macht:

Renate Greinert hat dieses bewegende wie nachdenkenswerte Buch erst zwanzig Jahre nach dem Unfalltod ihres 15 1/2 jährigen Sohnes Christian geschrieben.  Zunächst hatte sie sich nur etwas gewundert, dass die Sanitäter ihren Sohn, der auf dem Schulweg verunglückt war, nicht in das nächst gelegene Krankenhaus, sondern in ein Universitätskrankenhaus gebracht hatten. Es war ein Schock für die Eltern, als sie erfuhren, dass ihr Sohn verstorben sei und ihnen gleich die Frage nach der Erlaubnis zur Organentnahme gestellt wurde. Man erwähnte auch, dass ihr Sohn doch ein sehr kommunikativer Mitschüler gewesen sei, und dass auch er sicher damit einverstanden gewesen sei, wenn man mit seinen Organen das Leben anderer Jugendlicher retten könne.  Noch im Schock willigten die Eltern ein. Erst später kamen der Mutter Zweifel an dem, was sie da unterschrieben hatte. In den folgenden Jahren war sie oft fast dem Wahnsinn nahe.

Wie von einem Zwang getrieben suchte sie viele, viele Jahre alles zusammen, was sie über Organspende und vor allem auch über den dafür notwendigen Hirntod erfahren konnte. Sie las Bücher und Zeitschriften und besuchte Kapazitäten in aller Welt. Da sie sich alle Krankenhaus-Unterlagen Ihres Sohne beschaffen konnte, legte sie sie auch anderen Kapazitäten vor und steht voller Entsetzen vor der Erkenntnis, dass ihr Sohn vermutlich nicht einmal tatsächlich hirntod gewesen war.

Zwanzig Jahre fortwährender Suche: Es ist gut, dass man einmal nachlesen kann, was sich im Hintergrund der Organspenden alles ereignet. Vor allem macht dies Buch klar, was erstens der Sterbeprozess an sich ist und was sich da vollzieht und dass sterbend Organspender Menschen sind und kein Ersatzteillager. Im Nachwort spricht es Prof. Dr. Marco Rest (Dortmund) klar aus, dass man sterbende Menschen nicht einfach zu toten Menschen erklären darf, um sich ihrer Organe zu bemächtigen.

Ein ungeheuer schwieriges Thema, das all die Facetten im Bereich der Organspende berührt und über vieles aufklärt, was man bislang weder gewusst hat, noch sich vorstellen konnte. Es lässt einen sehr belastet und nachdenklich zurück – aber vielleicht sollte man es gerade deswegen doch gelesen haben.