Der Mann, der die Tiere liebteRechtzeitig zum 100. Geburtstag von Bernhard Grzimek erschien diese umfassende Biographie von Claudia Sewig. Etwas Ältere von Ihnen erinnern ihn von seinen Fernsehsendungen: „Guten Abend, meine lieben Freunde…” und noch Ältere haben – wie ich – seine frühen Tierbücher in gutem Gedächtnis; für mich gehörten sie zu den immer wieder gelesenen Lieblingsbüchern.

Mit Siebenmeilenstiefeln möchte ich Ihnen vom Inhalt dieser gut bebilderten Biographie berichten, an dem die Autorin immerhin vier Jahre gearbeitet hat und nahezu alle irgendwie erreichbaren Quellen benutzte: Zum einen die verstreut zu findenden schriftlichen, gedruckten und andererseits die mündlichen Berichte seines Sohnes Rochus, seiner Freunde, Kollegen, Zeitgenossen.

Bernhard Grzimek wurde am 24. April 1909 als jüngstes von fünf Kindern geboren – knapp drei Wochen vor seinem dritten Geburtstag stirbt sein Vater an einem Herzleiden. Folglich erinnerte er sich kaum an seinen Vater, wohl aber an seine Mutter, die eine strenggläubige aber gütige Frau war. Grzimek nimmt an, dass er seine Liebe zum Schreiben von seiner Großmutter geerbt hat, die ihm nicht nur Märchen vorlas, sondern für jeden ihrer Enkel ein eigenes Märchen geschrieben hat.

Aber auch seine Tierliebe kam bereits bei dem Kind Bernhard zum Tragen und sollte lebenslängliche Folgen für ihn haben. Bereits als Schüler hielt er Tauben und eine besondere Rasse von Kleinhühnern (Bartzwerghühner), die er auch züchten durfte und alles, was er darüber in Erfahrung bringen konnte, interessierte ihn brennend. Er tritt in den örtlichen Kleintierzüchterverein ein, baut für seine Tiere Gehege und – das Geld für seine Unternehmungen verdient er sich mit Märchenstunden: Er mietet Säle in Dorfgasthäusern und lässt dort von einer Schauspielerin des Stadttheaters Märchen vorlesen. Das wurde für die ganze Umgebung eine große Attraktion, denn es gab weder öffentlichen Rundfunk (diesen erst ab Okober 1923), schon gar nicht Fernsehen, wo man sich hätte unterhalten lassen können.

Bereits jetzt wird sichtbar, welche besonderen Eigenschaften ihm von gütigen Feen mit auf den Weg gegeben wurden: Tatkraft, Phantasiereichtum und Fleiß. Diese werden ihn bei allem, was es im Laufe seines Lebens zu berichten gibt, immer begleiten; er erreicht auf diese Weise Dinge, die einem – rückblickend – nahezu unerreichbar erscheinen.

Gehen wir einen Sprung nach vorn: Nach dem Abitur studierte Bernhard ab 1928 Veterinärmedizin, bestand sein Staatsexamen 1932. Er promovierte 1933 zum Dr.med. vet. Bereits während seiner Schul- und Studienzeit musste er seinen Lebensunterhalt selbst verdienen als Leiter eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Geflügelfarm und Spargelplantage. Deshalb musste er sich deshalb bereits mit 18 Jahren für volljährig erklären lassen. Dass er sich dabei auch allerlei einfallen lassen musste, um den Umsatz zu steigern, sei nur am Rande erwähnt. Nicht genug damit heiratete er während seiner Studienzeit seine erste Ehefrau Hildegard, mit der er – neben allerlei Tieren – auch zwei Söhne, Rochus und Michael großzog, zu denen später noch der farbige Adoptivsohn Stefan hinzukam, (der sich später das Leben nahm.)

Bernhard Grzimek Zunächst war Bernhard als Sachverständiger im Preussischen Landwirtschaftsministerium beschäftigt, danach (bis 1937) wurde er Referent im Reichsnährstand. Außerdem betrieb er eine Tierarztpraxis, die er aber dann aus Zeitmangel wieder aufgeben musste. Trotz wirklich ausreichenden Tätigkeiten schrieb er Aufsätze in verschiedenen Zeitschriften, von denen er, einfallsreich wie er war, immer gleich mehrere Kopien anfertigte, um den gleichen Aufsatz auch in anderen Zeitschriften zu veröffentlichen.

Dieses Schreiben – nebenher – behielt er während seines ganzen Lebens bei; seine Einnahmen aus dieser Tätigkeit waren ein nicht unwesentlicher Beitrag zu seinem Lebensunterhalt. Von 1938 bis Kriegsende war er als Regierungsrat in Reichsernährungsministerium tätig, wo er sich erfolgreich mit Rinder- und Geflügelseuchenbekämpfung beschäftigte. Ein weiteres Gebiet war die Verbesserung der Lagerung von Hühnereiern und die vom ihm verbesserte Form der Kühlung von Eiern, womit er die Verlustrate bei Eiern erheblich senken konnte. Sein ‚Handbuch der Geflügelkrankheiten’ wurde noch in den 60er Jahren neu aufgelegt.

Natürlich auch ‚nebenher’ interessierte er sich zunehmend für verhaltenskundliche Themen, speziell bei Menschenaffen und Wölfen und veröffentlichte dazu Beiträge in der renommierten ‚Zeitschrift für Tierpsychologie’ und schrieb Kolumnen im ‚Illustrierten Blatt’. In der ‚Frankfurter Neuen Presse’ erschien 1946 ein Beitrag, der berichtete, dass Bernhard, dank seines verhaltenskundlichen Wissens, eine Tigergruppe des Zirkus Sarrasani, mehrfach allein dem Publikum vorführte. Bereits ab 1941 erschienen seine spannenden und aufklärerischen Bücher wie: ‚Wir Tiere sind ja gar nicht so’, ‚Unsere Brüder mit den Krallen’