Im Abzocke-Vernebelungs-Sumpf – Spekulation, Größenwahn, Geldgier

Literarisches Leben

Im Abzocke-Vernebelungs-Sumpf: Die Darmstädter Jury hat für den Januar 2014 „Am Ufer“ von Rafeal Chirbes zum „Buch des Monats“ gewählt. Der Titel erscheint Mitte Januar auf Deutsch im Antje Kunstmann Verlag.

In der Begründung der Jury heißt es: „Wie sich Menschen verhalten, die durch Spekulation, Größenwahn und Geldgier alles verlieren: Existenzgrundlage, Mitarbeiter, Freunde, Familie, − wie Verantwortung in Feigheit und Angst in Brutalität umschlägt, wird am Beispiel eines mittelständischen, spanischen Familienbetriebes vorgeführt.

Die Betroffenen geben in Selbstgesprächen ihre Probleme preis, der Leser sieht sich konfrontiert mit Neid, Überheblichkeit und Intrigen. Es sind zornige, verzweifelte Monologe, anklagende, resignierte auch, die dem Leser Empathie abverlangen. Hier wird die Immobilienblase, der Abzocke-Vernebelungs-Sumpf aus der Perspektive der Protagonisten krass beleuchet.

 

‚Ich stecke in allen Figuren‘, sagt Chirbes. ‚Ein Blitzableiter‘ sei er, der die ‚Spannungen seiner Epoche anzieht‘. Sein Buch hält Europa den Spiegel vor, es ist beklemmend aktuell.“

Kurzbeschreibung:
Die Immobilienblase in Spanien ist geplatzt, die Profiteure haben ihr Geld rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Zurückgeblieben sind nur noch Verlierer. Ihnen gilt Rafael Chirbes‘ Interesse und seine Empathie.

Esteban hatte sich als junger Mann ein anderes Leben erträumt, ist dann aber doch in der Familienschreinerei hängengeblieben. Aber anders als sein sozialistisch strenger Vater, der nach der Maxime lebt: Wir beuten niemanden aus, wir leben von dem, was wir erarbeiten, wollte Esteban wie alle anderen auch sein Stückchen vom großen Immobilienkuchen.

Und als sein Vater alt und nicht mehr handlungsfähig ist, investiert er das im Familienbetrieb erarbeitete Geld in eine Baufirma. Zu spät. Die Firma geht pleite und mit ihr die Schreinerei. Insolvenz, Beschlagnahmung der Maschinen, die Mitarbeiter stehen auf der Straße, auch die kolumbianische Pflegerin des alten Vaters kann nicht mehr bezahlt werden. Doch Esteban ist auch mit siebzig noch ein vitaler Mann. Und er ist Realist. Eine Perspektive für die Zukunft sieht er nicht und zieht die Konsequenzen.

Rafael Chirbes erzählt einen Wirtschaftskrimi und eine Familiengeschichte. Und er schreibt die Mentalitätsgeschichte Spaniens fort.

Sarkastisch, mit viel Humor und Witz zeigt er uns die gesellschaftlichen Verwerfungen, den Tanz um das goldene Kalb, der immer weiter geht.

Zum Autor:
Rafael Chirbes, geboren 1949 in Tabernes de Valldigna bei Valencia, studierte in Madrid und lebt in Beniarbeig bei Alicante. Er arbeitete als Literatur- und Filmkritiker für verschiedene Zeitschriften, u.a. für das Reise- und Gourmetmagazin Sobremesa. Rafael Chirbes gehört zu den international bekanntesten spanischen Autoren, seine Romane, u.a. Der lange Marsch, Der Fall von Madrid, Alte Freunde, wurden in viele Sprachen übersetzt, für seinen letzten Roman Krematorium erhielt er 2008 den Spanischen Nationalpreis der Kritik

Titel


Chirbes, Rafael
Am Ufer
Kunstmann, A – gebunden, 24,95 Euro
ISBN: 978-3-88897-867-8
PPP
Verlagsinfos