Wie gar so mancher andere, die einen eigenen Standpunkt offenlegen – ist auch Richard Dawkins einerseits bewundert, andererseits verteufelt worden. Nicht zuletzt hat dazu sein geradezu genialer Titel: Das egoistische Gen, beigetragen.
Verteufelt vor allem von (vielleicht neidvollen) Kollegen, aber auch von denen, die der Überzeugung sind, dass der Evolutionsgedanke keinen Platz für religiöse Denkweisen enthält.
Vielleicht ist das mit dem PHÄNOTYP nicht jedermann geläufig: Er ist das Gegenstück zum GENOTYP, in dem die genetische Grundkonstruktion eines Lebewesens festgelegt ist. PHÄNOTYP ist hingegen das, was man SIEHT, nämlich, was aufgrund einer genetischen Konstellation dann daraus wird – oder eben nicht werden konnte. Nur, was sich auch fortpflanzen kann, gibt auch seine Gene weiter – alles andere versinkt eben im großen Vergessen.
Auch seinen Angriff auf die Religion – der hauptsächlich auf die Entwicklungen im angelsächsischen Raum zielt – hätte man vielleicht nicht unbedingt bei uns in Deutschland bringen müssen. Aber – wegen dieser Kontroverse steigerte sich Dawkins’ Populatrität noch ungemein; zumal sich in der Talkshow dazu hierzulande lauter absolut unkompetente Personen äußerten.
Weil aber auch Dawkins weiß, dass sein Thema ständig im Fluss ist, hat er – neben anderen mehr als lesenswerten Büchern, auch seine neuesten Einsichtigen zu diesem Thema, wie aber auch die Gegenstimmen hier ausführlich behandelt. Richard Dawkins betrachtet dieses 1982 erschienene, 1999 überarbeitete und ergänzte Buch als seinen Hauptbeitrag zur Evolutionsbiologie und als Nachfolgewerk seines Bestsellers Das egoistische Gen .
Für diese deutschsprachige Übersetzung hat Richard Dawkins ein neues Vorwort verfasst. Die Aktualität des Themas wurde durch die Wissenschaftskonferenz The New Role of the Extended Phenotype in Evolutionary Biology (European Science Foundation/Oslo, 2008) hervorgehoben.
Dawkins erweitert in diesem Buch den Begriff des Phänotyps (als die Summe aller Merkmale eines Individuums) auf die Auswirkungen der Gene dieses Individuums auf die Umwelt und andere Lebewesen. Beispiele sind die durch den Fortpflanzungstrieb des Bibers entstehenden Bauten, die drastische Auswirkungen auf die Umwelt haben können, oder das Gen eines Parasiten, das das Verhalten seines Wirtes zum Nutzen des Parasiten (Saitenwurm) verändert. Dawkins betont mit diesem Ansatz die Gen-zentrierte Sicht des Lebens. I
Im letzten Kapitel des Buches unternimmt er den Versuch, den Organismus neu zu definieren. Ich behaupte, dass die meisten Wissenschaftler, die meisten Autoren ein Werk haben, von dem sie sagen würden: Egal, ob Sie noch nie etwas von mir gelesen haben, lesen Sie wenigstens dies! Dawkins 1 Necker-Würfel und Büffel; – 3 Beschränkungen der Perfektion; – 4 Wettrüsten und Manipulation; – 5 Der aktive Keimbahn-Replikator; – 6 Organismen, Gruppen und Meme: Replikatoren oder Vehikel?; – 7 Egoistische Wespe oder egoistische Strategie?; – 8 Outlaws und Modifikatoren; – 2 Genetischer Determinismus und genetischer Selektionismus; – 9 Egoistische DNA, springende Gene und ein lamarckistisches Schreckgespenst; – 10 Fünf Bedeutungen von Fitness; – 11 Die genetische Evolution von tierischen Artefakten; – 12 Wirtsphänotypen von Parasitengenen; – 13 Einwirkung auf Distanz; – 14 Die Wiederentdeckung des Organismus; – Nachwort von Daniel Dennett; – Glossar
Richard Dawkins, geb. 1941 in Nairobi, ist Evolutionsbiologe. Seit 1995 hat er den eigens für ihn eingerichteten Lehrstuhl für Public Understanding of Science an der Universität Oxford inne.
Ich bin weiterhin unverhohlen der Meinung, dass Richard Dawkins mehr als gar mancher andere über das Leben und dessen Sinn nachdenkt – mal sehen, was er sonst noch schreiben wird.
Ingeborg Gollwitzer
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