Altwerden ist (doch nicht so ganz) Scheiße

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Natürlich habe auch ich dies Buch sofort gelesen, als es dann endlich erschienen war; ich muss zugeben, ich selbst bin auch schon ein Weilchen auf der Zielgeraden …

Jetzt endlich da: Das neue Buch von Joachim Fuchsberger!

Es sollte schon im vergangenen Jahr erscheinen, doch die Gesundheit ließ es nicht zu. Jetzt aber ist es soweit: Nach seinem Bestseller „Altwerden ist nichts für Feiglinge“ folgt nun sein neues Buch „Zielgerade“.

Darin stellt Joachim Fuchsberger sich in der ihm eigenen Mischung aus Nachdenklichkeit, Launigkeit und vor allem Menschlichkeit den großen Fragen des Lebens.

Aus gleich mehreren Gründen wünsche ich diesem Buch sehr viele Leser: Erstens aus den Reihen jeder, die plötzlich merken: ‘Ein Zurück geht nicht mehr’. . Das soll aber nicht heißen, dass der ‘Endspurt’ nur noch im kopfhängenden Schneckentempo auszuführen ist. Nein, die Betonung liegt auf Endspurt!

Blacky pfeifft munter wie ein Zeiserl: Und an so vielem gelingt ihm auch nicht die minimalste positive Zwischenbilanz – und stimmt leider mit uns allen so ziemlich überein.

 Und wie gründlich, wütend und wortreich er sich ereifert: Zum Thema ‘Regierung’ kennt er nur eine einzige, die absolut  unanfechtbar, unbestreitbar, unangreifbar und über jeden Zweifel erhaben ist: seine Gundel.

Und jetzt kommt mein Zweitens zum wünschbaren Leser: Es sind jene, die mehr oder weniger so alt sind wie Blacky Fuchsberger mit seinen siebenundachtzig. Darunter sind nämlich viel zu viele, die sich ihrem Pensions- oder Rentenalter regelrecht ergeben. Weil sie gar nicht auf die Idee kommen, was und dass man sich für diesen Lebensabschnitt als Ziel setzen könnte und soll. Nein, das Ziel ist überhaupt nicht das Ziel. Der berühmte Weg ist das Ziel, und worauf man – soweit einem das möglich ist – achten sollte, dass man so, wie Blacky auf diesen 232 Seiten, fähig bleibt, so schön wütend, so gewitzt, so nachdenklich, wie aber auch traurig und so liebevoll – und vor allem derart prägnant und präzise und vor allem wortreich seinen jeweiligen Lebensumstand beschreiben und zu bewerten vermag. Seien Sie sicher:  Allen Unkenrufen zum Trotz werden nicht alle von Alzheimer erwischt! 

Denn es geht in diesem Buch natürlich überall und immer letztlich nur  um Beziehungen, um Mitmenschen, um Kollegen, um den Umgang mit unserer Welt und ihren Ressourcen. Aber auch um die Welt der Politik und um die Politiker selbst, bei denen er immer häufiger Ehrlichkeit und Transparenz vermisst.
Ein sehr persönliches Buch einer beeindruckenden Persönlichkeit.

Nach dem Schlaganfall

Er beschreibt seinen derzeitigen Lebensum- oder Zustand so: „Du hast einen Schlaganfall“, sagte Max, Hausarzt und Freund, einsneunzig groß, mit einer Stimme wie die tiefste Orgelpfeife. […] In der vortrefflichen Schlaganfall-Abteilung belehrte man mich, was für ein ungeheueres Glück ich gehabt hätte! Wie bitte? Ungeheueres Glück bei einem Schlaganfall? Eher dachte ich, ob mein letztes Buch Altwerden ist nichts für Feiglinge nicht vielleicht doch den falschen Titel hatte?! Altwerden ist Scheiße käme der Sache und meinem Gefühl eigentlich näher.“

Zielgerade
„Es ist sinnlos, über das zu klagen, was nicht mehr geht. Viel bekömmlicher ist es, sich zu freuen über das, was noch geht. … Mein Verfallsdatum ist längst überschritten, und ein paar deutliche Vorwarnungen sind bei mir eingegangen. Ich bin dankbar für jeden neuen Morgen, an dem ich aufwache.

Ich folge meiner inneren Stimme, zugegeben jetzt zwangsläufig. Ich stehe am Rand, nicht des Abgrunds, sondern des Geschehens, und beobachte mit gelassener Heiterkeit, angemessenem Zorn oder altersbedingtem Unverständnis, was rings um mich geschieht.“
Heimat
„Im Alter kam das Heimweh. Der Wunsch Zurück zu den Wurzeln wurde immer stärker. Oder wie Heidi Brühl es einmal sagte: Wenn du lang genug hier [in Amerika] bist, sehnst du dich nach Weißwürsten, obwohl du sie überhaupt nicht magst. “
Gundel
„Es wird niemanden erstaunen, dass ich dieses Buch meiner Gundel widme, in tiefer Dankbarkeit dafür, dass sie ein Leben lang mein Navigator war, meine Beraterin, meine Freundin, meine Frau, die Mutter unseres tragisch ums Leben gekommenen Sohnes. … Sie hat mich gehalten, wenn ich in letzter Zeit verzweifelt aufgeben wollte.“
„Meine Zielgerade ist der Anfang vom Ende.“

Auf der Zielgeraden: Nachdenkliches und Nachdenkenswertes aus einem reichen Leben
Ein persönliches, aber auch streitbares Buch

 

… und hier noch (m)ein)  PS: Das hätte Blacky unbedingt auch noch erwähnen können: Eine ungeheure Anklage an all die, sie sich mit Schmerzbehandlung befassen! Sie verdienen offensichtlich so gut daran, dass ihnen weitere Bemühungen überflüssig erscheinen. In meinen Augen ist es ein Unding, dass man im 21. Jahrhundert nicht das oberste Ziel hat, Schmerzen einfach nicht mehr zuzulassen. Wenn einem – wie auch von Blacky erwähnt – alles, von der Haarwurzel bis zur Fußsohle zu brennen sein – das müsste und vor allen dürfte einfach nicht sein! (Das würde sich auch schlagartig dann ändern,  wenn auf jeden, der erfolglos irgendwelche Pillen verabreicht, die Schmerzen des Patienten übergangslos auf ihn selbst überspringen würden.)

 

Aber vielleicht beschreibt Blacky das einmal später, etwa zu seinem hundertsten Geburtstag!

 

 

Zielgerade
von Fuchsberger, Joachim;
Gebunden
223 S. 215 mm 407g , in deutscher Sprache.
2014   Gütersloher Verlagshaus
ISBN 3-579-06650-1 ISBN 978-3-579-06650-9 | 19.99 EUR