Zurück ins Leben… und auch etwas zu Krankheit und Tod Robert Enkes

Auch wenn dies Buch kurzfristig nicht lieferbar ist: Der von Tod von Robert Enke hat nicht nur die Sportgemeinde nicht nur betroffen, sondern auch richtig traurig und nachdenklich gemacht. Vielleicht erhält dieser Suizid nun doch einen, wenn auch von Robert Enke nicht gewollten, Sinn: Es wird Zeit, dass die Depression wie alle anderen Krankheiten (Krebs, Grippe oder Masern beispielsweise) nicht mehr als Makel oder Schande verschwiegen werden muss, weil man man negative Reaktionen und Sanktionen der Mitmenschen erwarten muss. Gerade diese Befürchtungen sind es, die das Wichtigste für den Erkrankten verhindern: ER/sie muss offensiv damit umgehen können, selbst aktiv werden, um alle Möglichkeiten, die für jeden anders aussehen können, zu suchen und zu finden.

Bislang gibt es nur ein einziges Buch, das berichtet, dass es auch anders gehen kann: Die Geschichte Sebastian Deislers ist die eines jungen Mannes, der als fußballerisches Jahrhundert-Talent gilt, mit 21 Jahren Spielmacher der deutschen Nationalmannschaft wird und dessen Ja-Wort dem FC Bayern München ein Handgeld von 20 Millionen D-Mark wert ist.

Aber es ist auch die Geschichte eines unfertigen Burschen aus dem südlichsten Rand der Republik, der von den Medien und dem Fußball zum Heilsbringer stilisiert wird, von dem die Öffentlichkeit Besitz ergreift, der von ihr vereinnahmt wird, der zahlreiche körperliche und seelische Verletzungen erleidet und sich immer weiter zurückzieht.

Wenige Tage nach seinem 27. Geburtstag steigt er aus – entkräftet, entnervt, gebrochen. Dann verschwindet er von der Bildfläche.

Für die Öffentlichkeit kommt diese Entwicklung nicht ganz überraschend. Es war ein langsamer Tod einer Medienfigur, und wir alle haben diesem Verschwinden über Jahre zugesehen. In zahlreichen Gesprächen hat Deisler sich in den zwei Jahren nach seinem Rücktritt dem Journalisten Michael Rosentritt anvertraut.

Entstanden ist daraus ein Buch über Begeisterung und Liebe zum Fußball, aber auch über Ängste, Qualen, Selbstzweifel, Depressionen und den mühsamen Weg zurück in ein normales Leben.

Er war übrigens bei Prof. Holsboer in München in Behandlung, dessen wichtiges Buch hier auch schon besprochen wurde.

In einem Kommentar der ZEIT heisst es: “Enkes Tod geht uns näher. Ihn kannten und schätzten die meisten. Enke war ein Mensch, mit dem man litt, schon als er seine ältere Tochter verlor. Er galt als mustergültig, ein sympathischer Sportler. Er war ein Torwart ohne die Exzentrik seiner Kollegen Kahn oder Lehmann: keine Ausraster, kein Ritt auf dem Boulevard. Enke ging zu allererst seiner Arbeit nach. Mit Leidenschaft, aber sachlich und nüchtern. Er war der Jugend das bessere Vorbild. Deshalb betrübt sein Tod selbst solche, die sich nicht für Fußball interessieren.”

Und ein Leser dieses Artikels meint dazu: “Robert Enke war ein großer Sportler und am Ende seines kurzen Lebens ein sehr einsamer Mensch.”

Das ist es: Depression macht einsam. Ich habe viele Bücher darüber gelesen, die man auch in “literaturkurier.net” findet: Das Spektrum möglicher Hilfen – von psychiatrischen bis medikamentösen – ist groß. Aus diesen Büchern kann man lernen, dass es vielleicht das größte Kunststück ist, den richtigen Arzt zu finden und woran man erkennen kann, ob die Behandlung auch die für einen selbst geeignete ist.

Ich hoffe, dass die allgemeine Diskussion darüber positive Wirkungen zeigt. Wie man sich selbst helfen kann, wie man sich wirkungsvoll informiert, kann man selbst nachlesen. Falls auch Sie in irgendeiner Form mit diesem Problem beschäftigt sind: Lesen Sie und werden Sie selbst aktiv!

Ingeborg Gollwitzer